Lyonel Feininger
Ghosties
1954
Aquarell und Tuschfeder auf Velin
20,2 x 15,9 cm
Im Œuvre Lyonel Feiningers bedeutet künstlerische Entwicklung gleichzeitig auch weitreichende Rückgriffe auf das bisherige Werk. So zeichnet er als Achtzigjähriger Anfang der 1950er Jahre erneut skurril anmutende abstrahierte Figuren, die an die frühen Pariser Jahre und seine Erfahrungen als Karikaturist anknüpfen. Auch unser Blatt gehört der Serie von persiflierten „Männekins“ an, welche Zeit seines Lebens weder ausgestellt noch verkauft werden und ausschließlich als Geschenke an Familie oder Freunde bestimmt sind. Wie viele der humorvollen, fröhlichen oder verschrobenen Strichmännchen ist auch unser Motiv – die sechs Figuren – in dem für Feininger typischen kantigen Duktus und linearen Stil zu Papier gebracht.
Durch diese kleinen Blätter zeigt sich eine kleine Welt von Figuren, die aus Feiningers Spätwerk ansonsten gänzlich verschwunden sind. Die phantastischen "Männekins" beziehen sich nicht auf das bestimmte Individuum, sondern sie vereinen alles, was Feininger tagsüber an seinen Mitmenschen beobachtet. Sie spiegeln mal humorvoll, mal durchaus kritisch alle Facetten der Gesellschaft wider, die er Zeit seines Lebens wahrnimmt. Somit sind sie Ausdruck und Quintessenz der menschlichen Erfahrung des Künstlers.
Lyonel Feininger
Auf dem Ausguck (Longshore men)
1918
Holzschnitt auf hauchdünnem Japan
14,9 x 22,9 cm
Unser auf Japanpapier gedrucktes Exemplar ist extrem selten, nur wenige Probedrucke auf diesem Papier sowie auf Durchschlagpapier bzw. Chinabütten sind bekannt, zwei davon laut WVZ in amerikanischen Museen. Zudem gehört er 1918 zu den ersten Holzschnitten des Künstlers überhaupt („Nr. 9“ im Werkverzeichnis).
Seit seiner Jugend prägen Feininger maritime Ereignisse, die See, der Hafen, die Küste, das Schiff, das ist seine Welt. Ab 1892 geben zahlreiche Reisen an die Nord- und Ostsee und eine selbst erlebte „Fangfahrt“ an Bord des Fischdampfers „Elbe“ (1893) Anstoß für die Verankerung und intensive Beschäftigung des Künstlers mit maritimen Sujets. 1911 und 1912 ist das „Schauen aufs Meer“ ein wiederkehrendes, beliebtes Motiv in Feiningers Arbeiten.
In dem Blatt, daß vom Künstler neben 'Longshore men' (Bezeichnung) auch 'Old shell backs' oder 'Waterside characters' genannt wird, sehen wir sechs Hafenarbeiter, die wohl nach einem Frachtdampfer Ausschau halten. Feininger zeigt hier seine typische Bildsprache, die Erlebtes, Phantasie und Skurilles auf humorvolle und verspielte Weise vereint. Die überlangen, spitzen Nasen und karikierten Gesichter der Seemänner verraten Feiningers Ursprung als Comiczeichner. Dazu kommt die symbolische Aufladung seiner Motive, vertreten durch den Arbeiter, der durch ein Fernrohr blickt, ein Gegenstand, der metaphorisch für Selbstreflexion und Weitsicht steht. Im Jahr 1918 entwirft Feininger eine ähnliche Figurenkonstellation, „Old shellbacks“ („Seebären“), aus der ein spiegelverkehrter Druck 1919 ("Alte Seebären") als Pendant und Variante unseres Motivs hervorgeht.
Lyonel Feininger
Alte Seebären (Old shellbacks)
1919
Holzschnitt auf Japan
12,8 x 18,6 cm
Unser auf Japanpapier gedrucktes Exemplar ist extrem selten, nur wenige Probedrucke auf diesem Papier sowie auf Durchschlagpapier existieren; dem WVZ sind nur zwei dieser Probedrucke im MoMA, New York, bekannt.
Seit seiner Jugend prägen Feininger maritime Ereignisse, die See, der Hafen, die Küste, das Schiff, das ist seine Welt. Ab 1892 geben zahlreiche Reisen an die Nord- und Ostsee und eine selbst erlebte „Fangfahrt“ an Bord des Fischdampfers „Elbe“ (1893) Anstoß für die Verankerung und intensive Beschäftigung des Künstlers mit maritimen Sujets. 1911 und 1912 ist das „Schauen aufs Meer“ ein wiederkehrendes, beliebtes Motiv in Feiningers Arbeiten.
In unserem Holzschnitt, der von Feininger auch "Old tars" oder "Groteske" genannt wird, sehen wir sechs Hafenarbeiter, die wohl nach einem Frachtdampfer Ausschau halten. Feininger zeigt hier seine typische Bildsprache, die Erlebtes, Phantasie und Skurilles auf verspielte Weise vereint. Die überlangen groben Nasen und überzeichneten, karikierten Gesichter der Seemänner verraten Feiningers humoreske Züge und seinen Ursprung als Comiczeichner. Von rechts schreitet ein Seemann mit dampfender Pfeife und langem Spitzbart ins Bild – er verkörpert par excellence die im Titel angegebene liebevolle Bezeichnung eines "Seebären". So heißt auch eine Zeichnung von 1918, die unserem Druck vermutlich als Entwurf zugrunde liegt; die Komposition ist bereits spiegelverkehrt angelegt. Als Pendant zu unserem Holzschnitt existiert eine weitere Variante dieses Sujets, "Auf dem Ausguck" (1918), die zu den frühesten Holzschnitten des Künstlers gehört.
Lyonel Feininger
Merry Christmas (Three Figures)
Um 1950
Aquarell, Tuschfeder und Goldfarbe auf Velin
6,4 x 10,2 cm
Anfang der 1950er Jahre entstehen zahlreiche kleine, bunt aquarellierte Tuschfederzeichnungen, die lange unbekannt bleiben – sind die humorvollen, fröhlichen oder verschrobenen Strichmännchen doch ausschließlich als Geschenke an Familie oder Freunde bestimmt. Mit typischem kantigen Duktus bringt Feininger mit zarten Linien unsere drei Figuren zu Papier. Die typographische Bezeichnung 'Merry Christmas!' am oberen linken Rand läßt den Anlaß vermuten, zu dem die in Gelb, Orange und Blau gehaltenen Männekins entstanden sind.
Lyonel Feininger
Teltow, 1
1914
Radierung auf Velin
17,9 x 23,6 cm
Die Druckplatte wurde Anfang der 1950er Jahre nach Paris gebracht und dort von Oxidationserscheinungen gereinigt. Im Anschluß daran wurde auf Anlaß von Curt Valentin, New York, eine kleine Auflage von 25 Exemplaren bei Philippe Molinié in der Druckerei 'L'Imprimerie Lacourière' für den Künstler abgezogen, zu der auch unser tadelllos erhaltenes Blatt zählt.
Die Radierung ist eine Neuinterpretation der leider verschollenen Fassung in Öl von 1912: "I commenced an etching last night […] of the church of Teltow after the same composition as the oil […].“ (Siehe WVZ).
Dabei stellt die Technik der Radierung den Künstler vor besondere Herausforderungen. Mit „Teltow, 1“ gelingt ihm jedoch ein Meisterstück, eine filigrane, nuancenreiche Radierung voller Transparenz. Die Realität der Kirche im südlich von Berlin gelegenen Teltow wird zugunsten des expressiven Ausdrucks verzerrt. Wie neuartig und bedeutsam Feiningers Arbeit ist, verdeutlicht der Künstler selbst: „I have finished the etching of Teltow church, have washed it off and it looks promising. I think I have started on a new line of works with this one, no amalgamation, pure graphic without picturesque addition ...“.
Lyonel Feininger
Treptow an der Rega
1925
Bleistift auf Velin (am Oberrand perforiert und vom Künstler gelocht)
20,5 x 14,1 cm
Unsere Zeichnung entsteht im Jahr der Schließung des Bauhauses in Weimar, 1925. Diesen Sommer verbringt Feininger wie schon im Jahr zuvor in Deep, das an der Mündung des Flüßchens Rega in Pommern an der Ostsee liegt. Er besucht u.a. die nah gelegenen Ortschaften Cammin, Greifenberg, Kolberg und „Treptow“.
Einmal mehr wird anhand dieser Zeichnung deutlich, wie reichhaltig und künstlerisch wertvoll die „Natur-Notizen“ Feiningers sind. Als eine Art Herzensangelegenheit des Künstlers haben sie grundlegende Bedeutung für sein Œuvre.