Landschaft

Karl Schmidt-Rottluff

Landschaft

Um 1925/30
Aquarell und Tusche auf festem Velin (gefalteter Doppelbogen)
28 x 22,9 cm


Das vorliegende Aquarell stammt aus einem Sammelalbum (dessen Besitzer leider unbekannt ist), in dem sich weitere Werke von Künstlern der Klasssichen Moderne (u.a. von Liebermann, Beckmann und Kollwitz) befanden. Daher ist es auch auf einem doppelseitigen Bogen, einst lim Album eingebunden, ausgeführt. Auf der Rückseite des zweiten Bogens hat sich erstaunlicherweise wohl eine Farbzeichnung eines Aktes (im Stil Maillols) durchgedrückt.

Bäume und Baumgruppen stellen im Werk von Karl Schmidt-Rottluff ein häufig wiederkehrendes Motiv dar. Ab 1919/20 erschließt Schmidt-Rottluff sich die Weite der Ostsee, die Wanderdünen und die Landschaft des hinterpommerschen Ortes Jershöft, wo er zu diesem poetischen Motiv kurz hinter den Dünen inspiriert wird. Zwischen hoch aufragenden Bäumen eröffnet sich die Weite einer sommerlichen Landschaft, womöglich ein Kornfeld mit goldgelben Ähren, hinterfangen von einem dichten, grünen Wald. Schlank ragen links die Stämme zweier Nadelbäume in den tief blauen Himmel, zur Rechten lehnt, gleichsam als zeichenhaftes Kürzel, ein einzelner Stamm aus dem Format, öffnet den Raum nach oben, erweitert ihn imaginär über die Bildkomposition hinaus.
Der Baum wird hier in seiner sich immer erneuernden Lebenskraft, seiner Gestalt mit den der Erde verhafteten Wurzeln und der dem Himmel zustrebenden Krone zum Symbol kosmischer Totalität. Schmidt-Rottluff vereint in dem kleinen Format die konträren Impulse, fern und nah, horizontal und vertikal, Linie und Farbe. Wir sehen ein Motiv voller Strahlkraft und Intensität, eine expressionistische Landschaft par excellence, von herausragender Qualität und bestechend schöner frischer Farbigkeit.

Über Karl Schmidt-Rottluff

Geboren: 1884 in Rottluff b. Chemnitz
Gestorben: 1976 in Berlin

Karl Schmidt-Rottluff wird am 1.12.1884 in Rottluff als Sohn eines Mühlenwerkführers und dessen Frau geboren.
Nach dem Examen entscheidet sich der junge Abiturient, der schon während der Schulzeit zeichnet, zum Studium der Architektur. In Dresden lernt er Erich Heckel, Fritz Bleyl und Ernst Ludwig Kirchner kennen, mit denen er die Künstlervereinigung „Brücke“ ins Leben ruft. Schmidt-Rottluff will endgültig eine Künstlerlaufbahn einschlagen, im selben Jahr lernt er den Künstler Emil Nolde kennen, der ihn auf die Insel Alsen einläd, wo Karl Schmidt-Rottluff seine ersten Bilder malt. In dieser Umgebung findet er auch zu seinem stark vereinfachenden Stil, der sich vor allem auch in den Holzschnitten zeigt.
1909 erscheint die erst Graphikmappe der „Brücke“, die ihm allein gewidmet ist. 1911 verläßt er Dresden, lebt zuerst in Norwegen und dann in Berlin, wo er bis 1933 wohnt. Am 27. Mai 1913 löst sich die „Brücke“ auf. 1915 wird er zum Kriegsdienst eingezogen und kann glücklicherweise im November 1918 nach Berlin zurückkehren.
Durch zahlreiche Verkäufe an Museen und private Sammler verbessert sich seine finanzielle Lage, so daß er Auslandsreisen unternehmen kann.
Seit der Machtübernahme der Nationalsozialisten erreicht die Diffamierung durch die Nationalsozialisten 1937 ihren Höhepunkt. Schmidt-Rottluffs Werke werden in der Ausstellung „Entartete Kunst“ ausgestellt, 1941 erhält er das Malverbot.
1946 nimmt Karl Schmidt-Rottluff alte Kontakte zu Freunden auf und beginnt größere Bilderreihen anzufertigen. Am ersten Oktober 1947 beginnt er seine Lehrtätigkeit als Professor an der Berliner Hochschule für bildende Künste. Dort arbeitet er bis zur Emeritierung 1954. 1975, ein Jahr vor seinem Tod, wird er zum Pflegefall. Er stirbt am 10. August 1976 in Berlin.