Adler (15. XI)
Adler (5. VIII)

Georg Baselitz

Adler (15. XI)

1981
Öl, Gouache, Graphit und Frottage auf Papier
69,9 x 47,3 cm


Seit 1972 läßt Baselitz seine Adler kopfüber vom Himmel stürzen wie Ikarus: Er kennt Rembrandts Interpretation des „Ganymed in den Fängen des Adlers“ von 1635, die in der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden zu bewundern ist. Und so liegt die Vermutung nahe, daß die Wahl seines charakteristischsten Motivs wohl auch in seiner Biographie begründet liegt. Bereits mit 15 Jahren malt Hans-Georg Kern, wie er damals noch heißt, zwei Adler im Flug über die Berge.
Besonders nah und eindringlich ist in Baselitz’ Arbeiten auf Papier das intuitive und ungehemmte „Fest der Malerei” nachzuspüren. Unser schönes Exemplar "Adler (15. XI)" sitzt herrschaftlich, wartend auf dem Blatt. Auf dem markanten, tiefroten Grund gibt es keinen Anlaß, die mächtigen Flügel zu präsentieren, die Farbe übernimmt diese Aussage. Die Gouache ist kraftvoll auf das Papier gerieben, es finden sich dynamische Details, mit Graphit in Farbfläche und Adler gekratzt, die Konturen in Schwarz hastig hingeworfen. Baselitz geht es hier nicht das äußere Abbild des Greifvogels, sondern um das Bild einer Idee davon.

Georg Baselitz

Adler (5. VIII)

1977
Gouache und Tusche auf Papier
44,7 x 35,7 cm


Der Adler ist eines der Hauptmotive von Georg Baselitz und durchzieht sein Werk wie ein roter Faden. Erstmalig taucht der symbolträchtige Vogel 1962 in Zeichnungen auf und wird in den Arbeiten Ende der 1970er/Anfang der 1980er Jahre zu einem der prominentesten Bildsujets des Künstlers. In dieser intensiven Schaffensperiode entsteht auch unser ausdruckstarkes Aquarell. Die mit dem Adler verbundenen Eigenschaften wie Stärke, Kraft und Überlegenheit äußern sich in der malerischen Ausdrucksweise, der Experimentierfreude und dem impulsiven, sinnlichen Gestus des Pinsels.
Bei unserem „Adler (5. VIII)“ aus dem Jahr 1977 liegt der Fokus auf dem Akt der Malerei, die gräulichen, willkürlich wirkenden Verwischungen unter und neben dem Adler dienen ebenso wie die schwarzen Pinselstriche im rechten unteren Blattbereich lediglich der Gewichtung der Komposition. Das Motiv des Adlers erfährt mit den flüchtigen weißen
Höhungen besondere Aufmerksamkeit, etwa das Gefieder wird angedeutet. Doch so schnell wie man sich des konkreten Motivs habhaft glaubt, verschwindet es hinter der dynamischen und expressiven Malerei.

Unser schönes Blatt stammt aus dem Besitz des vielseitigen Schweizers Johannes Gachnang, der als Radierer, Kunsthistoriker, Ausstellungsmacher, Verleger und 1974-1982 als Leiter der Kunsthalle Bern arbeitet. Er hat zu Lebzeiten mit vielen internationalen Künstlern Kontakt, ist daher ebenso mit Georg Baselitz befreundet, für den er auch Ausstellungen organisiert. 2005 stirbt Gachnang in Bern – unser Blatt und Teile seiner Sammlung werden 2006 in der Galerie Daniel Blau, München, gezeigt, begleitet von einem Katalog mit dem Titel „Nulla dies sine linea“.

Über Georg Baselitz

Geboren: 1938 in Deutschbaselitz, Sachsen
Lebt und arbeitet in